Lauter!

Am Mikrofon (ja, es ist ein Mikrofon!): Gertrud van Eyseren, die erste Runfunk­sprecherin bei der Funk­stunde Berlin im Jahr 1932. Sie war Schauspielerin – und bereits in den Zwanziger Jahren für die Deutsche Welle tätig, moderierte dort Sprach- und Kindersendungen und arbeitete als Regie-Assistentin bei der Funkstunde. Dass sie als Frau im Juli 1932 zur Ansagerin der Funk­stunde aufstieg, stieß auf konser­va­tive Skepsis und ging landes­weit durch die Presse.

 
„At a time when women’s public voices were still struggling to be heard, it was a major achievement when women became station announcers. As the voice of the station, an announcer carried a significant symbolic weight.“¹

Frauen­stimmen bzw. weiblich gelesene Stimmen in öffent­lichen Sprech­positionen waren zu ihrer Zeit noch extrem selten – und bis heute sind sie in vielen Bereichen unter­repräsentiert. Sie müssen lauter! werden – und brauchen dafür Strukturen, in denen sie gehört werden.

 
„From the beginning there was much discussion about which voices transmitted well over the airwaves. At first the choice was limited by the primitive level of the available technology, inasmuch as the electrical reproduction of a voice was still imperfect. Voices with a higher pitch suffered from distortion in the process of conversion of sound waves to electrical signals. This technical limitation was quickly translated into the maxim that women’s voices were unsuitable for broadcasting. Prejudice against women announcers hid behind technological excuses long after the shortcomings of the hardware had been resolved. (…) With regard to questions of female announcers in early radio, these arguments often were less about what was sympathetic to the ear, than about what was most in sympathy with convention.“²

Gertrud van Eyseren war Pionierin, aber ihre Bio­grafie und ihr Werde­gang sind wenig erforscht (was sich ändern lässt!). Ihr Wikipedia-Artikel ist kurz und voller Lücken. Sie wurde 1896 in Berlin geboren, doch ihr Todesdatum ist (dem Internet) nicht bekannt. Wo arbeitete Gertrud van Eyseren, nachdem die Funkstunde Berlin durch die Nationalsozialisten 1933 schrittweise aufgelöst wurde?
Später lebte sie in Hamburg, wo sich ein Adresseintrag unter ihrem Namen im Fernsprechbuch von 1958 findet. Im gleichen Jahr veröffentlichte sie bei Ullstein das Spanisch-Lehrbuch „Spanisch in der Tasche“, das aktuell in verschiedenen Online-Antiquariaten für wenige Euro zu haben ist.

 
¹² Kate Lacey: Finding a Voice: Women‘s Radio and the Evolution of Broadcast Talk. In: Feminine Frequencies. Gender, German Radio, and the Public Sphere, 1923–1945; Michigan Press 1997.
 
Text: Katharina Mevissen
Typografie: Alice Savoie/Frenchtype
Bild: Frauen sprechen hören

Plakat
DIN A3, gefaltet auf DIN A4
1-farbiger Riso-Druck auf 100g/m² Papier
Neuauflage im Druck

Zweifel

Am Veringhof 23B
21107 Hamburg
040 60770474
hallo@zweifel.jetzt